Wozu Kunst und warum macht man sie? Der Kunstraum Schmiedgasse gab mit der Veranstaltung „Samuel Wandira: Malerei u.a.“ eine von den zahlreichen möglichen Antworten auf diese Fragen. Mit dem überregional tätigen Künstler und gebürtigen Ugander Samuel Wandira durfte das Kunstraum-Team wieder einmal einen Waldkirchner in seinem Gewölbe begrüßen.

Dr. Claus Kappl, der Samuel Wandira vor weit über 20 Jahren das erste Mal, und dann immer wieder, privat und eher zufällig, über den Weg gelaufen war, hatte, wie er zur Begrüßung schilderte, dem Künstler aus Dorn angeboten, doch einmal in seiner Heimatstadt Waldkirchen auszustellen. Und so kam es dann auch. Zusammen mit Mitgliedern des Provocantus-Chors unter der Leitung von Ansver Sobtzick präsentierte Wandira seine Werke.

Im Künstlergespräch mit Tobias Paster wandte sich Wandira als Antwort auf die Frage, wie er zur Malerei gekommen sei, erst einmal den überaus zahlreichen Gästen zu und sprach einzelnen Waldkirchnern namentlich seine Dankbarkeit und Anerkennung dafür aus, ihn all die Jahre unterstützt, ermutigt und begleitet zu haben und stets an seiner Seite gestanden zu sein. Und das war auch schon ein Teil der Antwort.

Samuel Wandira, Jahrgang 1959, war 1987 nach Deutschland gekommen und als einziger Ugander neben Dutzenden anderen afrikanischen Flüchtlingen in Waldkirchen gelandet. Der studierte Volkswirt war, unter den damaligen politischen und bürokratischen Rahmenbedingungen in Deutschland, zu einer Existenz zum einen ohne Arbeit und „Beschäftigung“, zum anderen ohne Bewegungsfreiheit, gezwungen. Um einem Schicksal als Flüchtling, welches wohl in Depression und schmerzhafter Verzweiflung geendet wäre, zu entgehen, fing er an, sich malerisch zu betätigen – aus finanziellem Mangel zunächst auf der Rückseite von Kalenderblättern, einem in der Regel hochwertigen und brauchbaren Papier.

Die malerische Ausdrucksmöglichkeit ermöglichte ihm, über sprachliche Grenzen und Hindernisse hinausgehend, mit seinem Exilland und dessen Menschen in Kontakt zu treten, den Befreiungsschlag auf konstruktive Art und Weise zu meistern. Ausstellungen u.a. in Passau und Landshut, interkulturelle und integrative Schulprojekte im Ballungsraum Nürnberg folgten, und parallel eine Entwicklung, die ganz unterschiedliche malerische Techniken (Enkaustik, Monotypie) und Materialien (Bananenblätter, geklopfte afrikanische Baumrinde, Erdfarbe, Holzkeile) umfasst.

Wandira sieht sich, trotz Fortbildungen, als Autodidakt. Und er ist auch ein Pionier, in zweifachem Sinn: Er arbeitet, im Atelier, u.a. an Modeschmuck, den er experimentell aus Geschenkpapier, Maisschalen oder Stroh fertigt, und als einer der ersten schwarzafrikanischen Migranten in Bayern ist es sein Verdienst, sich seit etlichen Jahren aktiv für Integration und interkulturelle Bildung eingesetzt zu haben.

Auf die Frage nach seiner Sicht auf in letzter Zeit wieder ins Bewusstsein geratene tragische Flüchtlingsunglücke, die vor Lampedusa im Meer und mit dem Tod enden, antwortet er mit einem Gedicht mit dem Titel „Ruhe“, in dem es sinngemäß heißt: Manche Menschen brauchen nur ein paar Schritte, um Ruhe zu finden, indem sie von der Couch ins Bett gehen, manche gehen Tausende von Kilometern, um Ruhe zu finden, und manche Menschen finden diese Ruhe nie.

Die „Flucht“ ist, so meint Samuel Wandira, ein Thema des Menschen, seit es ihn gibt. Waren es früher widrige Umweltbedingungen, die den Menschen gezwungen haben, woanders hinzugehen, so sind es in der jüngeren und der heutigen Zeit politische Umstände: Syrien oder Afrika heute, Sudetendeutschland gestern – die einzelnen Schicksale seien sich im Grunde ähnlich. Menschen würden von heute auf morgen aus ihrem Lebensumfeld herausgerissen und stünden vor vergleichbaren Herausforderungen.

Samuel Wandira plädiert für ein aktives Angehen gegen Fremdheit und Entfremdung: Die Dinge, die uns verbinden und zu Menschen machen, seien weit naheliegender und greifbarer als die Kräfte, die uns einander und von uns selbst entfremden.